Vegan imkern? Wie geht das?

In der letzten Zeit werden Imker immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, die Entnahme von Honig und das Zufüttern von
Zucker sei der Grund von "Bienensterben" in Deutschland.
Dass Saccharose ungesund ist und Honig nicht ähnelt, ist eine Tatsache. Aber ist das wirklich der Grund für die Probleme?
Auch die Zucht von Bienen steht im Fokus. Sie sei schuld daran, dass Bienen weniger widerstandsfähig wären.
 
In diesem Beitrag möchte ich das Ganze ein Wenig durchleuchten und auf das Thema "vegan imkern" eingehen.
 
 
Vorab: 
Ich bin absolut der Meinung, dass nur vegetarische oder gar vegane Ernährung der Menschen, die nicht von tierischer
Ernährung abhängig sind, die Lösung für weniger Umweltprobleme und Tierleid ist.
Aber vegan imkern? Wie kann man das mit der heutigen Situation in der Umwelt und der Parasitierung der Honigbiene vereinbaren?
 
Vegan imkern: was versteht man darunter?
Laut Tierschutzorganisationen bedeutet vegan, dass man Tiere nicht ausnützt. Sei es für Ernährung oder für Überzeugungen.
 
Vegan imkern - ist das möglich? 
 
Jein!
Wenn jemand Bienen nach seiner eigenen Überzeugung hält, ist es schon nicht mehr vegan, da man die Biene dazu missbraucht,
seine eigene Meinung durchzusetzen.‎
 
Vorab:
Wie stark "vegan" will man imkern und welche Auswirkungen haben die eigenen Überzeugungen auf ‎das Volk?
 
1. Schwarmtrieb: lässt man Schwärme unkontrolliert abgehen, verursacht man mehr Schaden, als dass man Gutes tut.
Das Volk wird in unseren Umgebungen, in denen es kaum noch Nahrung gibt, verhungern, oder durch Varroaschaden absterben.
Kommt ein Volk in Schwarmtrieb, kann man mit Hilfe eines Ablegers den Schwarmtrieb erfüllen. Die Vermehrung hat stattgefunden,
die Bienen haben ihr natürliches Ziel also erreicht. Aber: das Volk kann gefüttert und behandelt werden.
 
2. Futter: selbst bei imkern ohne Honigentnahme ist die Fütterung in unseren Gebieten notwendig.
Durch Anbau von Mais für Futtermittel und Biogasanlagen ist die Futtersituation so dramatisch, dass das Futter nicht mehr ausreichen würde, damit ein Volk den Winter überlebt.
 
3. Wahl der Biene/Zucht:
Gegner von gezüchteten Bienen sollten sich im Klaren sein, dass nur Rassen wie die mellifera oder carnica natürliche Bienen sind.
Diese sind leider nur noch durch Belegstellenbegattung zu erlangen.
Standbegattete Bienen sind meist gekreuzt mit der Kunstrasse Buckfast.
Diese hat als Erkennungsmerkmal orangene Bauchbinden.
 
Kann man imkern, ohne den Bienen Honig oder andere Stoffe zu nehmen?
 
Ja!
 
Allerdings sind für dieses Vorhaben einige Dinge zu beachten.
Für alle, die also imkern wollen, ohne Honig zu entnehmen, die Völker aber trotzdem überleben sollen, gibt es hier ein paar Tipps:
 
1. Wahl der Beute:
Ist die Beute zu klein, gibt es schnell Schwarmtrieb.
Ist die Beute sehr groß, ist die notwendige Arbeit am Volk nicht durchzuführen. 
Imkert man mit Beuten ohne Honigraum als Erweiterung, verhonigt der Brutraum sehr schnell.
Was also tun?
Entweder man arbeitet zweizwargig mit Zander und Honigräumen, oder mit Dadant und Honigräumen oder mit der Top Bar Hive.
Der Honig kann von den Bienen in den Honigraum eingelagert werden. Der Honig kann dann geschleudert und den Bienen wieder
eingefüttert werden. ‎So haben die Bienen genügend Platz im Brutraum für die Brut und bekommen für den Winter ihr eigenes Futter komplett wieder.
 
Bei der Top Bar Hive ist genug Platz für Brut und Honig.
Diese Beute ist somit für diese Art der Imkerei die Beste Wahl. 
 
‎Beuten wie die Bienenkugel sind dahingehen problematisch, dass der Platz sehr gering ist und auch mit Honigräumen gearbeitet werden muss.
 
2. Lebt man wie ich und meine Bienen in einer vermaisten Gegend, ist die Fütterung unerlässlich, auch wenn man keinen Honig entnimmt.
Dazu verwendet man am Besten Traubenzucker und Fruchtzucker. Diese Einfachzucker sind Hauptbestandteil von Honig und sind das Beste Futter.
Saccharose ist nicht zu empfehlen, da diese von den Bienen erst aufgespaltet werden muss. Das kostet Energie und benötigt Wasser.
 
3. Melezitose: dies ist ein Dreifachzucker, der Hauptbestandteil von Honig der Fichtenlaus ist. Gibt es im Sommer eine Massentracht
und der Brutraum ist voll damit, verhungern die Bienen im Winter, da der Honig innerhalb weniger Tage kandiert und im Winter nicht verarbeitbar
für die Biene ist. Sie verhungert trotz vollem Futtervorrat.
 
Vorschläge, wie das Beheizen von Völkern oder das Aufstellen in Gewächshäusern muss man als Humbug ablehnen, da das komplett gegen die
Natur der Biene ginge. Sie würden den Winter durchbrüten, was massive Varroavermehrung und massiven Futterverbrauch bedeuten würde. 
 
 
4. Varroabehandlung:
Wer meint, veganes Imkern bedeutet auch der Verzicht auf die Varroabehandlung, muss damit rechnen, dass die Bienen den Winter nicht überleben. 
Die geschädigten Bienen sterben nach und nach, bis das Volk so schwach ist, dass es keine Wärme mehr produzieren kann und somit der Futterstrom abreisst.
Das Volk verhungert.
 
Die verseuchten Völker stecken auch immer wieder Völker mit geringer Varroabelastung an. Das ist die sogenannte Reinvasion.
 
Vor gut 30 Jahren wäre die Bienenhaltung ohne jeglichen Eingriff möglich gewesen. Leider hat sich die Umwelt derart geändert, dass dies im Jahre 2015 nicht möglich ist.
 
Es gibt Meldungen, nachdem "wilde" Bienenvölker resistent seien. Dies sind Schwärme, die im Winter absterben, und deren Behausungen im Frühjahr von ‎neuen Schwärmen besetzt werden. Menschen meinen dann, es sei das selbe Volk.
In New York gibt es offenbar resistente Völker, die allerdings künstliche Rassen sind, die aus fremden Lebensräumen stammen und nicht zu uns gehören. ‎
 
‎Es gibt Imkergruppen, die auf Inseln durch Selektion von überlebenden, unbehandelten Völkern die varroatollerante Biene suchen.
Bis das erfolgreich sein wird, muss die Behandlung durchgeführt werden und auf Schwärme sollte verzichtet werden.
 
5. Wachs:
Alte Waben sollten von Zeit zu Zeit eingeschmolzen werden.
Die Zellen werden durch die beim Schlupf zurückbleibende Haut immer kleiner und dunkler.
Das beim Schmelzen gewonnene Wachs kann wieder zu Mittelwänden verarbeitet werden und den Bienen in den Rähmchen wieder zugeführt werden.
Man nimmt ihnen somit nichts weg.
 
Allerdings sollte‎ man auch Wachs nach ein paar Jahren teilweise erneuern, da es wie ein Puffer für Pflanzenschutzmittel und Gifte wirkt.
Ist der Puffer voll, gehen die Stoffe auf Pollen und Honig, also die Nahrung der Biene über. 
Schließlich ist Wachs ein Fett und damit anfällig für lipophile Stoffe.
 
Fazit: auch wenn man keinen Honig entnehmen möchte, sollte man Kurse besuchen und nicht unvorbereitet imkern. Das ist oft der sichere Tod für die Völker. 
Ausserdem möchte ich noch eine Lanze für die deutschen Imker brechen. Die meisten sind gewissenhafte Imker, denen das Wohl ihrer Bienen sehr am Herzen liegt.
Die Bestäubung von Obst und Gemüse ist sehr abhängig von der Honigbiene.
Die Anzahl an Völkern liegt bei den Imkern, die die Völker pflegen.
Imkerei ist ein teures Hobby und viele Imker können sich das Hobby und damit eine bestimmte Anzahl an Völkern nur leisten, wenn sie auch Einnahmen haben.
‎Also: Keine Einnahmen, weniger Völker, weniger Abdeckung von Bestäubung. Somit weniger Pflanzen, Obst und Gemüse, egal ob Kultur- oder Wildplflanzen.
 
Man sollte sich die Vorwürfe also gut überlegen. 
 
Ausserdem ist das Sterben der Honigbienen, auch wenn Pflanzenschutzmittel einen großen Anteil der Schäden mit verursachen, eine Folge der Varroa.
Länder wie Australien, in denen es NOCH keine Varroa, aber auch viel Umweltverschmutzung gibt, zeigen, dass dort kein "Bienensterben" herrscht.

Es deutet also viel auf die Varroa als Hauptgrund hin, und nicht etwa das Füttern mit Zucker, wie auch behauptet wird.